Frau Heisig, die überwältigende Mehrheit der Beamten ist privat krankenversichert. Sie auch?
Ja, es war ein großer Vorteil meiner Ausbildung, dass ich mich gleich als Anwärterin privat versichern konnte. Als Beamter bekommt man ja mit der individuellen Beihilfe mindestens 50 Prozent der Arztrechnungen vom Dienstherren erstattet - und für die restlichen Kosten ist man eben privat versichert. Das ist einfach eine große Sache.
Macht die individuelle Beihilfe das Berufsbeamtentum aus Ihrer Sicht attraktiver?
Es gehört auf jeden Fall zum Gesamtpaket, das uns dieses Sicherheitsgefühl gibt. Das hat sich gerade jetzt in der Corona-Pandemie gezeigt, wo viele in der freien Wirtschaft ihren Job verloren haben.
Welche Erfahrungen haben Sie mit der Auswahl und dem Abschluss der Versicherung gemacht?
Am Anfang kann man sich mit 18 Jahren schon etwas überfordert fühlen, wenn man eine Krankenversicherung abschließen will. Man entscheidet ja in der PKV selbst, welche Leistungen man eigentlich haben will. Letztlich kommt es auf eine kompetente Beratung an. Hier würde ich empfehlen, sich mehre Angebote einzuholen. Aber letztlich ist das alles kein Hexenwerk.
Wo sehen Sie die Vor- und Nachteile einer privaten Krankenversicherung?
In der privaten Krankenversicherung kann ich mir die Leistungen aussuchen, die zu mir passen. Und ich habe oft kurze Wartezeiten beim Arzt. Dafür muss ich die Arztrechnungen zunächst selbst begleichen und bekomme sie dann von meiner Krankenversicherung und der Beihilfe erstattet. Bei der Versicherung geht das meist sehr schnell, bei der Beihilfe kann es schon mal etwas länger dauern. Aber mein Gefühl ist, dass die Ärztinnen und Ärzte sich darauf eingestellt haben und oft lange Zahlungsfristen einräumen.
Seit einiger Zeit gibt es in fünf Bundesländern die pauschale Beihilfe, also einen Zuschuss, wenn sich Beamte gesetzlich versichern. Wir beurteilen Sie diese Regelung?
Hätte es die pauschale Beihilfe in Berlin schon gegeben, als ich verbeamtet wurde, hätte ich mich natürlich mit dieser Möglichkeit auseinandergesetzt. Aber unter dem Strich hätte ich mich dennoch für die Kombination von individueller Beihilfe und privater Krankenversicherung entschieden, weil sie mir mehr Vorteile bringt.
Was würden Sie Beamtenanfängern raten, die jetzt vor dieser Entscheidung stehen?
Ich würde auf jeden Fall dazu raten, sich gründlich zu informieren. Bei den Fachgewerkschaften, den Dienststellen oder den Versicherungsträgern gibt es viele Informationen dazu. Man sollte bedenken, dass die Entscheidung für die pauschale Beihilfe unwiderruflich ist. Deswegen sollte man auch im Blick haben, welches System sich im Laufe des Lebens mehr rentiert. Bedenken sollte man auch, dass es bei einem Wechsel in ein anderes Bundesland mit der pauschalen Beihilfe Probleme geben kann, da nicht alle Bundesländer dieses System anbieten. Es mag Konstellationen geben, wo die pauschale Beihilfe eine Option ist. Aber das dürften Einzelfälle sein. Selbst mit Vorerkrankungen gibt es ja mit der Öffnungsaktion die einfache Möglichkeit, sich in der PKV zu versichern.
Sie sind neben Ihrem Beruf als Steuerinspektorin auch gewerkschaftlich engagiert – im Mai wurden Sie zur 1. stellvertretenden Vorsitzenden der dbb jugend gewählt. Wie kam es dazu?
In die Gewerkschaftsarbeit bin ich mehr oder weniger reingerutscht. Als ich gefragt wurde, ob ich mir vorstellen könnte, mich noch mehr zu engagieren, habe ich nicht lange gezögert. Wenn man Dinge verändern will, muss man etwas tun und kann sich nicht immer nur beschweren. Und so bin ich zunächst Vorsitzende der Bundesjugendleitung der Deutschen Steuergewerkschaft geworden und kümmere mich in dieser Funktion um die Belange der Finanzbeamtinnen und -beamten. In der dbb jugend, in die ich jetzt frisch gewählt wurde, geht es dagegen um Themen, die die gesamte Verwaltung und alle Beamtinnen und Beamten betreffen.
Das alles nimmt wahrscheinlich viel Zeit in Anspruch. Wir organisieren Sie sich?
Ein gutes Zeitmanagement ist das A und O. Aber die gewerkschaftliche Tätigkeit macht mir wirklich Spaß und ist zu meinem Hobby geworden. Deswegen macht es mir nicht aus, hier mehr Zeit zu investieren. Daneben nehme ich noch Personalrats-Tätigkeiten war. Zum Beispiel bin ich Vorsitzende der Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung der Berliner Finanzämter. Dafür bin ich aber zu 50 Prozent von meinem Beruf freigestellt und habe damit 20 Stunden pro Woche in meiner Arbeitszeit Kapazitäten für die Sorgen, Probleme, Anmerkungen und Anregungen der Anwärterinnen und Anwärter der Berliner Finanzverwaltung.
Sie arbeiten im Finanzamt. Warum haben Sie sich für diesen Beruf entschieden?
Ehrlich gesagt, war das mein Plan B. Eigentlich wollte ich Immobilienwirtschaft studieren, was aber letztlich nicht geklappt hat. Ich habe mich dann auf verschiedenen Messen umgesehen, wo die Verwaltung auch präsent war. Den Ausschlag hat aber meine Oma gegeben, die selbst Beamtin war. So bin ich beim Finanzamt gelandet und bereue es bis heute nicht.
Sie sind Steuerinspektorin. Was macht Sie da konkret?
Kurz gesagt: Ich wandle Steuererklärungen in Steuerbescheide um. Ich schaue also, ob die Sachverhalte, die einem die Steuerpflichtigen präsentieren, mit dem Gesetzestext vereinbar sind. Und am Ende setze ich die Steuer fest.
In Berlin, wo sie auch geboren sind, werden ab dem Sommer auch Lehrerinnen und Lehrer wieder verbeamtet. Was halten Sie davon?
Da kann ich nur sagen: Na endlich, warum hat das so lange gedauert? Viele Lehrkräfte sind aus Berlin nach Brandenburg gegangen, weil sie dort verbeamtet werden. Und gerade die Pandemie doch hat gezeigt, wie wichtig gute Lehrerinnen und Lehrer sind. Das ist ein extrem wichtiger Beruf im öffentlichen Dienst. Lehrkräfte müssen verbeamtet sein, damit die Bildung gesichert bleibt.
Für mich ist es ein großer Vorteil, in diesem System zu sein.Marcel Oehm Zum Interview
Ich fühle mich besser versichert.Tamara Richter Zum Interview